Dienstag, 16. April 2013

“Die Piratenpartei aus organisationssoziologischer Perspektive”, oder auch nicht?


Lange schon drücke ich mich davor meine verschiedenen Texte zur Piratenpartei, die Erklärungen was dieses „Politik“ eigentlich ist und was ich die letzten Jahre so erfahren habe aufschreiben. Ich schreibe lange Mails, gebe stundenlange Erklärungen oder kommentiere mehrere Seiten lang Artikel auf sozialen Plattformen. Jetzt sollen es eigenständige Texte sein, die ich endlich auch loslassen, also veröffentlichen will und nicht als weitere unzählige Entwürfe in einem Ordner sammeln möchte.
Der Besuch einer organisationssoziologischen Lehrveranstaltung über die Piratenpartei soll mir helfen meine Gedanken niederzuschreiben. Jede Woche möchte ich einen Text zu den Themen des Seminars veröffentlichen. Verschiedene Themen, wie Parteiprogramm, Protestkultur, Genderfragen, Andere Parteien oder Liquid Democracy stehen im Terminplan der Veranstaltung.
Während der Veranstaltung macht mich gleich einer der ersten Kommentare der Dozentin stutzig: „Man hat die Schwierigkeiten der Piratenpartei auf dem letzten Parteitag gesehen, zu entscheiden, was ein Programm sein soll.“ Ich frage mich einmal wieder, was genau ich an Medienberichterstattung alles verpasse und welche Informationen Bürger aus der Presse über eine Veranstaltung haben, die ich als Teilnehmer der Veranstaltung nicht habe. Ich war da. Welche Schwierigkeiten sind gemeint? Was genau wurde von den Medien angesprochen? Die Sichtweise der Dozentin und Seminarteilnehmer wird von externen Presseberichten und deren Darstellung geprägt. Es werden weitere Kommentare und Fragen von Teilnehmern formuliert und mir wird eine besondere Herausforderung dieser Veranstaltung klar. Die Herausforderung ist nicht zuviel während des Seminars zu sagen und zuzuhören welche Vorstellungen und Missverständnisse, oder auch Klischees es über Parteien, Politiker und die Piraten gibt. Auch wenn ich mir schwer das Kichern, böse Kommentare, das Fazialpalmieren oder Richtigstellungen verkneifen kann.
Während der Veranstaltung behauptet die Dozentin, dass ein Bundesvorstandsmitglied, welches in der Bundeswehrverwaltung arbeitet den Zielen der Partei widerspricht. Ich verstehe diese Aussage nicht, denn warum sollte das der Fall sein? Stand irgendetwas in der Presse, weswegen sie das glaubt?
Mir wird klar, dass ich nicht wie die Soziologiestudenten in der Veranstaltung mitarbeiten kann. Soziologen beschreiben ihre Beobachtungen der Gesellschaft. Ich kann nicht von außen die Piratenpartei beschreiben, dafür bin ich seit Jahren zu sehr involviert. Mir wird aber auch klar, dass die Soziologiestudenten nicht die Piratenpartei beschreiben, sondern Berichte von Externen über die Piratenpartei als Quellen heranziehen. Ihre Sichtweise ist von den vielen Missverständnissen und Falschdarstellungen in der Presse geprägt. Für die Veranstaltungsteilnehmer ist klar, dass Streitigkeiten innerhalb der Partei durch Machtstreben verursacht werden. Dieses ist für Soziologen der Zweck von Parteien. In der Pflichtlektüre für den Kurs (Wiesendahl, 2006) steht folgendes zum Zweck einer Partei geschrieben: „Die Essenz dessen, was die Parteien antreibt und was im Mittelpunkt ihrer Zielsetzung steht, ist das Machtstreben. Es zielt selbst darauf, ihren Vertretern erfolgreich Zugang zu den Schaltstellen staatlicher Macht in Parlament und Regierung zu verschaffen.“ Nur, ich glaube nicht, dass dieser Zweck den meisten Piraten klar ist. Sie verstehen nicht einmal die Definition von Macht und auch ich weiß häufig nicht, wo denn die angebliche Macht von Politikern angesiedelt sein soll. Darum ging es mir und vielen Anderen aus der Anfangszeit nicht und ich glaube einem Großteil der Piraten geht es genauso. Ja, wir wollten unseren Themen mehr Einfluß verleihen, man kann dieses als Machtstreben verstehen, aber diese Definition von Macht haben viele Piraten wohl nie gehört. Diesem Thema muss ich wohl auch einen langen Artikel widmen.
Es wird im Kurs von Führungsstreitigkeiten gesprochen und nach der Führungselite der Piraten gefragt. Für Piraten wirkt das seltsam, weil wir doch Wert darauf legen keine Chefabteilung zu haben und jeder Pirat gleichberechtigt mitbestimmen soll. Unser Vorstand soll Macht haben? Vielleicht in der Presse? Indem die Journalisten Vorstandsmitglieder durch Interviews zu Wort kommen lassen?
Monatelang habe ich mich gewundert, warum denn Meinungsverschiedenheiten im Vorstand für die Partei so wichtig sein sollen, oder warum sie irgendeine negative Auswirkung auf die Partei haben sollten. Vorstände haben doch nicht mehr in der Piratenpartei zu sagen als jeder andere Pirat. Meinungsverschiedenheiten sind normal. Aber auch wenn diese für die Partei unwichtig sind, bekommen angeblich wichtige Streitigkeiten durch die Presse mehr und mehr Bedeutung. Auf einmal ist es wichtig, dass sich der Vorstand nicht streitet, weil die Bevölkerung glaubt, dass der Vorstand wichtig für die Parteiarbeit ist und sich diese daher von uns abwendet. Die Presse sagt, dass etwas wichtig ist und deshalb ist es für die Partei wichtig, weil sonst die Wählerzustimmung sinkt. Auch wenn für die Piratenpartei unwichtig ist wie jemand gekleidet ist, wenn die Presse von der unmöglichen Bekleidung der Piraten berichtet, dann ist das ein wichtiges Thema und die Piraten sollen sich zugunsten der Wählerzustimmung anpassen. Dieses betrifft auch jedes andere Thema, welches Journalisten aufgrund ihrer Erfahrungen mit anderen Parteien für wichtig halten. „Wie? Ihr habt dazu nichts im Programm?“ Man bemerke, dass genau dieses Thema dann wiederholt nachgefragt wird, bis es im Programm steht. Wir haben innerhalb der Partei häufig angemerkt, dass sich einige Piraten von der Presse hetzen lassen und sich vorgeben lassen, was denn angeblich wichtig ist. Auch wenn wir mehr zu einem Thema als andere Parteien im Programm stehen haben, dann ist das egal, weil nur das angeblich nicht existente Parteiprogramm der Piraten zählt. Nach anderen Parteiprogrammen fragt keiner, die will auch keiner sehen. Hektisch wird versucht zu jedem Detail einen Programmantrag zu stellen. Als würden Programme nicht bei allen Parteien auf einem Parteitag beschlossen. Ungeachtet der Tatsache, dass Programme niemals vollständig und auf die aktuellen politischen Ereignisse in Parlamenten angepasst sind. Wenn die Presse sagt, dass wir zuwenig Frauen haben und angeblich frauenfeindlich sind, dann wird ungeachtet der Realität Frauenförderung betrieben und auch die weiblichen Piraten sind irritiert, weil doch andere Parteien viel weniger Frauenanteile haben und wir doch ursprünglich das Geschlecht nicht betonen wollten.
Ein gute Frage im Kurs war, ob wir Piraten einer bestimmten Subkultur entstammen und mir fiel auf, dass die Studenten vielleicht eher Blogs von Piraten und Netzaktivisten oder deren Websites lesen sollten als oberflächliche Artikel in den Printmedien. Ein Journalist, der vormittags eine Stunde Zeit hatte einen Parteitag zu besuchen und über die gesamte Veranstaltung schreibt, hat sicherlich eine andere Sichtweise zur Veranstaltung als die Piraten, die das ganze Wochenende anwesend waren. Ich finde es gefährlich, dass Studenten die Piratenpartei anhand von oberflächlicher, häufig uninformierter Berichterstattung über diese beschreiben wollen. Ich frage mich, ob irgendwann noch etwas von den Ursprüngen der Partei in den Beschreibungen über diese übrig ist, weil wir mit den Massstäben und im Vergleich mit den alten Parteien betrachtet werden. Das Seminar ist auf jeden Fall für eines gut, ich komme so an Informationen über eine ganze Menge Missverständnisse, die mir zuvor nicht klar waren.

Freitag, 5. Oktober 2012

GUTE GESUNDE SCHULE – ABER BITTE NICHT ÜBER GELD REDEN!


“Nichts ist nachhaltiger als die Investition in unsere Kinder”. Dazu gehört jedoch nicht nur der ausgestaltete Lehrplan an den Schulen, sondern auch ein gutes und gesundes Schulessen.
Die Ernährung im Schulalter bestimmt nachweislich die Gesundheit bis ins späte Erwachsenenalter. Der Erfolg der Schulbildung hängt dabei auch von einer angemessenen Ernährung unserer Kinder in den Schulen ab.
Am 24.09. 2012 war ich zu Gast auf der Tagung “Berliner Schulverpflegung 2.0″
Die von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin organisierte Tagung fand in Kooperation mit dem Bildungsausschuss des Berliner Landesparlaments statt.
Auszug aus der offiziellen Mitteilung:
“Wenn von der „Qualität des Schulessens“ die Rede ist, spiegeln die Einschätzungen meist nicht nur den Geschmack des Essens wider. Sie werden mehr oder minder stark beeinflusst und auch überlagert von weiteren Einflussfaktoren wie z.B. der Raumsituation, der Ablauforganisation oder der (pädagogischen) Gestaltung der Mittagspause. Auf der Tagung stellt Frau Prof. Arens-Azevedo (HAW Hamburg) Qualitätsdimensionen der Schulverpflegung vor, diese werden mit der Ist-Situation in Berlin abgeglichen und Perspektiven der Qualitätsentwicklung diskutiert.”
Gesunde Ernährung steht im Berliner Schulgesetzbuch, daher sollte auf dieser Konferenz zunächst über die Festlegung von Standards und nicht über die Finanzierung gesprochen werden.
Neben Lehrkräften, Schulleitern, Eltern- und Schülervertretern nahmen Caterer und zahlreichen Vertretern von Schulträgern sowie der Senatsverwaltungen für Bildung, Verbraucherschutz und Finanzen teil. Diese sollten in getrennten Gruppen über die verschiedenen Dimensionen für die Qualität von Schulessen sprechen. Hierbei sollte es neben den üblichen Kriterien wie Ernährungsphysiologie und Hygiene auch z.B. um Kriterien wie ansprechende Farbgebung, Lebensmittelkonsistenz oder Kaugeräusche beim Essen, Abwechslung und Vielfalt bei der Speiseplanung, die Beachtung kulturspezifischer regionaler Essgewohnheiten, Personalbekleidung, Lärmpegel, Essenskultur und andere Qualitätskriterien gehen.
Entgegen der Planung der Veranstalter vermischten sich die einzelnen Teilnehmergruppen: Caterer saßen mit Eltern, Schulleitern und Verwaltungsmitarbeitern in einem Raum und sprachen – statt über Dimensionen der Essensqualität – über ihre Sicht des Problems und dessen Finanzierung. …, es kamen so keine gegenseitigen Schuldzuweisungen oder Spaltungen auf.
Um es also klar zu sagen: Alle Beteiligten waren sich einig: Gutes Schulessen kostet Geld und das muss das Land Berlin einfach zur Verfügung stellen. Das Land Berlin müsste durch einen Beschluss des Abgeordnetenhauses die Bezahlung sichern, bzw. Sponsoren finden oder noch weiter als bisher auf den Geldbeutel der Eltern ausweichen.

Ein Auszug des Tagesspiegels vom 28.09.2012 lautet: “Der Landeselternausschuss forderte eine Abkehr von Großküchen, das Schulessen sollte außerdem besser kontrolliert werden. Auch der Preisdruck sei Nährboden für solche Vorfälle. Eine bessere Finanzierung der Schulen wünscht sich auch der Verband der Caterer. Im Vergleich zu anderen Bundesländern seien die Berliner Preise gefährlich niedrig, sagt Rolf Hoppe vom Verband der Schulcaterer: Wenn Sparzwang herrsche, sparten einige in der Branche womöglich auch an Sicherheit und Hygiene. Ähnlich äußerte sich die Opposition im Abgeordnetenhaus. Es fehlten Vorgaben bei Preisen und Kontrolle der Lieferfirmen. Mit dem Betrag von 1,97 Euro pro Mahlzeit könnten viele Firmen kein hochwertiges Essen liefern.”
Wer würde auch glauben, dass er heute für 1,97 Euro ein vollwertiges Mittagessen erhält, das den Ansprüchen eines geistig geforderten wachsenden Kindes gerecht wird ?
Bei der Beratung des Haushaltsplans und bei Ausschusssitzungen im Bezirk und Abgeordnetenhaus zu den Finanzen der Bezirke habe ich eines bemerkt: es geht nicht darum realistische Ansätze für Ausgaben nach Bedarf oder Gesetz festzulegen, sondern um Sparvorschläge und Streichungen in Bereichen, wo eine Minderausstattung am wenigsten auffällt (z.B. weil in diesem Bereich nicht ausreichend von den Betroffenen protestiert wird). Lediglich einige kleine Bereiche erhalten medienwirksam eine Erhöhung im Haushaltsplan (z.B. der Posten Schulessen mit einem Antrag (DS/0085-04/IV)), der den Haushaltstitel ‘Beköstigung’ im Jahr 2012 um 100.000 € und im Jahr 2013 um 200.000 € aufstockt. Hiermit wurde im März 2012 der Preis, den eine Mahlzeit kosten darf, auf ca. 2,03 Euro im Jahr 2013 erhöht. Die Studie zur “Berücksichtigung von Qualitätskriterien in der Schulverpflegung” ergab, dass für ein Essen zwischen 3,14 Euro und 4,25 Euro berechnet werden muss. Der Staatssekretär für Bildung, Herr Rackles behauptete in seiner Rede auf der Konferenz, dass die Ausgaben für Schulessen vom Bezirk gedeckelt werden und nicht vom Land. Er kritisierte, dass die Bezirke keine ausreichenden Ausgaben veranschlagen würden. Die Kosten-Leistungs-Rechnung sollte zu realistischeren Preisen führen und nicht zu einer gegenseitigen Unterbietung der Bezirke. Leider vergass er zu erwähnen, dass die finanziellen Mittel, die vom Land den Bezirken zugeteilt werden, stets sinken, während die zu erfüllenden Aufgaben stets ansteigen.
Über den Antrag der “Erhöhung der Zuweisung an die Bezirke mit einer Zweckbindung für Schulessen” wurde am 14.6. im Plenum des Abgeordnetenhauses abgestimmt. Dieser Antrag der Piratenfraktion zum Haushalt 2012/13 wurde von SPD/CDU – die die Mehrheit stellen – abgelehnt, B90/Grüne haben sich enthalten und nur die Linke hat zugestimmt.
Die Bezirke werden zusammengespart und im Schulbereich gibt es eine Menge an Kritikpunkten. Die Bezirksverwaltung hat die Auswirkungen des Stellenabbaus im Schulamt schriftlich beschrieben (DS: 0217 / IV, S.55): Das Schulamt kümmert sich nur um gesetzliche Pflichtaufgaben, und selbst die werden über kontinuierlichen Stellenabbau immer weiter reduziert. Der offizielle Bericht des Schulamtes beschreibt, dass der Stellenabbau ein Eingehen auf Wünsche der Eltern bei der Vergabe von Schulplätzen, oder die fristgerechte Bearbeitung von Widersprüchen kaum noch möglich machen wird, die Vergabe von Sporthallen an Sportvereine wird teilweise wegfallen. Rechnungen und Bestellungen werden verspätet bearbeitet werden, die Bearbeitung und Beseitigung von Mängeln verzögert sich, genauso wie die Pflege und Wartung von Schulgebäuden und Aussenanlagen, sowie die Beaufsichtigung von Baumassnahmen und Reparaturen an Schulen.
Es ist nicht zu erwarten, dass Personal oder auch finanzielle Mittel zur Verbesserung der Situation in den Bezirken zur Verfügung gestellt werden.
Und das Schulessen ? Es wird sich wohl kaum verbessern. Personal für Kontrollen der Essensqualität wird es nicht geben und höhere Ausgaben für Schulessen wurden abgelehnt.
Mein Fazit lautet, dass Veranstaltungen, wie diese Konferenz zur Qualität des Schulessens davon ablenken sollen, dass das Land Berlin lieber das Geld der Bürger in Großprojekte investiert, anstatt die Bevölkerung direkt in Form von Zuweisungen an die Bezirke zu unterstützen. Die vermeintliche Auseinandersetzung in der öffentlichen Debatte dient mehr der Beruhigung der Bürger und die Realität (z.B. die Finanzierung) soll am besten gar nicht betrachtet werden.
Sollte keine zweckgebundene Erhöhung der Zuweisungen an die Bezirke erfolgen, so wird jede Erhöhung des Betrages für Schulessen im Haushaltsplan der Bezirke zulasten eines anderes Bereiches gehen. Und viele Bereiche sind personell und finanziell jetzt schon so unterversorgt, dass Landes- und Bundesgesetze, sowie Beschlüsse des Abgeordnetenhauses nicht eingehalten werden können.
Ein Wegfall von Pflichtaufgaben im Schulbereich durch mangelhafte Personalausstattung, die Forderung sich um mehr und mehr Kriterien für bessere Schulen zu kümmern und deren Einhaltung zu kontrollieren, aber gleichzeitig die Schulausstattung bzw. staatliche Aufgaben immer mehr auf den Geldbeutel der Eltern, oder auf private Investoren auszulagen, entspricht nicht meinen Vorstellungen von sozialstaatlichem Handeln. Mehr und mehr hängt die Ausstattung der Schulen und somit die Bildung der Kinder vom Schuleinzugsgebiet und der entsprechenden Förderbereitschaft der Anwohner ab.
Ich fordere den Senat auf, auf Großprojekte zu verzichten, vom Bund mehr Geld zu verlangen und den Bezirken ausreichend Geld und Personal zur Verfügung zu stellen, um die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses und die gesetzlichen Verpflichtungen einhalten zu können.
Naja und etwas einzuführen, was bisher abgelehnt wurde, nämlich ausreichend Geld für ein gesundes Schulessen zur Verfügung zu stellen.
Jessica Miriam Zinn


Links:
* http://www.schuleplusessen.de/qualitaetsstandard.html Der DGE-Standard für die Schulverpflegung.
*„Berliner Tage der Schulverpflegung 2012“ http://www.vernetzungsstelle-berlin.de/108+M547442bfe14.html?&tx_ttnews[month]=08&tx_ttnews[year]=2012
*IN FORM: Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung: http://www.in-form.de/startseite-vns-portal/start.html
Link zur Veranstaltung: https://www.in-form.de/schulvernetzungsstellen/vns-aktuell/aktuelles/veranstaltungsberichte/auftakt-in-berlin.html
*Studie zur “Berücksichtigung von Qualitätskriterien in der Schulverpflegung” www.berlin.de/sen/bildung/besondere_angebote/gute_gesunde_schule/
*Pressemitteilung zur Studie “: http://www.berlin.de/sen/bjw/presse/archiv/20120913.1600.375196.html
*Tagesspiegel zum Thema Schulessen:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/verdorbenes-schulessen-eltern-fordern-abkehr-von-grosskuechen/7196196.html
http://www.tagesspiegel.de/berlin/welle-von-magen-darm-erkrankungen-demerreger-auf-der-spur/7198526.html
*DS/0085-04/IV Erhöhung des Titels Beköstigung im Haushaltsplan 2012/13 in Friedrichshain-Kreuzberg http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/bvv-online/vo020.asp?VOLFDNR=4834&options=4
*DS/0217/IV Auswirkungen des Personalabbaus auf die Bezirksverwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/bvv-online/vo020.asp?VOLFDNR=4954&options=4

1 Jahr FdP (Fraktion der Piraten)


Neben mir steht eine gelb-blaue Kaffeetasse mit dem Aufdruck "FdP - Fraktion der Piratenpartei. Ein Scherz, der sich auf Twitter entwickelt hat und in Protokollen, Artikeln oder auch auf Kaffeetassen aufgegriffen wurde. In allen 12 Bezirken haben die Piraten die FDP verdrängt und häufig deren Büros übernommen. Ein Jahr Piratenfraktion - es wird Zeit zurückzublicken. 
Rückblickend habe ich über ein Jahr den Piraten geopfert. Ich habe Vollzeit die Piratenpartei im Wahlkampf begleitet, mich lange vor der Kandidatur durch Teilnahme an Ausschusssitzungen und Parlamentssitzungen an die 5 Jahre in der BVV vorbereitet. Zwischenzeitlich hatte ich kaum Privatleben außerhalb der Piraten und meine berufliche Zukunft rückte immer weiter in den Hintergrund. Ich bin überzeugter Pirat in Vollzeit -  aber ich plane mich wieder mehr um mein eigenes Leben zu kümmern - seit Monaten und ich schaffe es nicht.Zu Beginn habe ich als inaktives Mitglied die Piratengruppen in meiner Nähe heimlich beobachtet. Nach und nach wurden in meiner Umgebung immer mehr Freunde und Bekannte Mitglieder der Piratenpartei. Nicht meine Umgebung hatte sich verändert - seit Beginn meines ersten Studiums 2001 gab es ein Aufeinandertreffen von Aktivisten verschiedener Initiativen, Vergleiche internationaler Berichterstattung und zahlreiche politische Diskussionen in meiner Umgebung und es wurden mehr. Parteien begegne ich noch heute mit Skepsis - nur hatten immer mehr Leute in meiner Umgebung das Gefühl, dass da irgendwas in der Politik falsch läuft. Der Bürger fühlt sich nicht mehr vertreten. Die Frage existierte, ob diese Volksvertreter eigentlich noch für die Interessen ihrer Bürger stehen. Wie wird mit den Bürgerrechten und Gesetzen umgegangen, warum wird gerade direkt vor Ort - bei den öffentlichen Aufgaben für den Bürger weiter gekürzt, warum werden Bürger mehr und mehr überwacht? Unverständnis über die Vorgänge in den Parlamenten und Ausschüssen begleitete uns. Entscheidungen, die im Namen des Bürgers getroffen werden, sollten nachvollziehbar sein. Wir wollten wissen was dort falsch läuft. "Wir sind die mit den Fragen!" 

Wir wollten dem Bürger die Politik wieder näherbringen. Erklären was dort passiert und mehr Leute gewinnen, sich einzubringen. Demokratie funktioniert nur, wenn man sich für seine Interessen selbst einsetzt. Mehr Initiativen, Kiezvertretungen, Aktivistengruppen müssten die Politiker unterstützen. Mandatsträger sind Volksvertreter, aber die Kluft zwischen Bevölkerung und Politiker scheint kaum überwindbar. 
Warum eine Partei? Das Minimum an Reglungen des Parteiengesetzbuches ist die Vorraussetzung, um mitspielen zu können. Es war die Erkenntnis, dass wir als Partei im System arbeiten müssen, um an Informationen zu kommen. Die meisten Piraten wollten nicht Politiker werden. Wir betrachteten es damals als notwendiges Übel Parteimitglieder zu werden, um etwas zu verändern. Viele sind ungeplant zu gewählten Volksvertretern geworden.Immer wieder werden wir auf einzelne Themen, wie Transparenz und Bürgerbeteiligung reduziert, aber auch diese können so vieles heißen. Ein Teil davon ist die Nachvollziehbarkeit der politischen Entscheidungen für den Bürger. Viele Bürger scheinen nicht mehr zu wissen was sie am Wahltag eigentlich wählen, wofür die einzelnen Stimmen stehen, wie Parlamente aufgebaut sind oder wie die politische Arbeit abläuft. Kaum jemand liest Parteiprogramme solange er nicht Parteimitglied ist. Man vertraut dem Klischee einer Partei und lässt sich von oberflächlicher Berichterstattung über Personalien und private Streitereien beeinflussen. Zuwenig wird die eigentliche Arbeit der Politiker erklärt. Der geringe Anteil der Bevölkerung, der nach zur Wahl geht, versteht die Stimmabgabe häufig als Abgabe der Verantwortung an diese Partei.  


Die Realität ist ernüchternd. Eine Abgabe der Stimme am Wahltag und nachfolgend entscheidet die Regierungskoalition, Zählgemeinschaft oder stärkste Fraktion für fünf Jahre  in fast allen Themen. Der Koalitionsvertrag ergibt einen Fahrplan, bei dem Wahlversprechen häufig auf der Strecke bleiben. Parlamente wirken immer mehr wie eine Pressekonferenz, wo in den Reden, die durch die Mehrheitsverhältnisse in der Wahlentscheidung feststehenden Entscheidungen nochmal angepriesen oder kritisiert werden. Häufig werden Entscheidungen durch Verweis auf die höhere Ebene, die eigene Partei auf Landes- und Bundesebene gerechtfertigt. Nicht die Interessen der Bürger, sondern die Vorgaben zu Einsparungen werden von oben nach unten vertreten. Im Parlament rückt die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen oder die Begründung in den Hintergrund, da es mehr um die Profilierung als Partei und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament geht, als um die Diskussion über die Inhalte der Entscheidung. Beim parteiübergreifenden Politcamp schien es die Meinung der Mitglieder anderer Parteien zu sein, dass es schon einen Sinn hat, wie sich unsere Demokratie über lange Zeit entwickelt hat und daher die Art, wie gearbeitet wird seine Berechtigung hat. Das Hinterfragen der politischen Prozesse wird schnell als Feindlichkeit gegenüber der Demokratie hingestellt. Nur ist es diesen Politikern garnicht aufgefallen, dass immer mehr Bürger diese Demokratie garnicht mehr zu schätzen wissen, da Bürgerrechte und Sozialstaat immer mehr verschwinden, während mehr Nachweise und Kontrollen dem Bürger abverlangt werden. 


Wir wollten mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung durch die Bevölkerung, indem diese über die Entscheidungen, die sie betrifft besser informiert wird. Eine fließende Demokratie ist eines unserer Prinzipien. Ein Kern der Idee ist die Öffnung des politischen Entscheidungsfindungsdiskurses für möglichst viele Menschen. Gerade dieser Diskurs ist die Voraussetzung für legitime Entscheidungen. Entscheidungen werden jedoch in den Parlamenten über Themengebiete hinweg meistens vom Wahlgewinner getroffen, auch wenn die Kompetenz in einem Bereich mehr bei anderen Parteien oder externen Experten liegt. Eine Diskussion über Hintergründe wird unwichtig und ist zeitlich auch garnicht mehr machbar. Schnelle Entscheidungen werden uninformiert getroffen. Teilweise wirkt es nur wie ein Fraktionszwang, aber in Wirklichkeit ist nur ein Bruchteil der Fraktion überhaupt dazu in der Lage den Sachverhalt, über den gerade abgestimmt wird, nachzuvollziehen. Von der Ebene der Kommunalpolitik, über Landes- auf Bundesebene werden es höhere Stapel an Aktenordnern, die die eigenen Ausschüsse betreffen. Die Piraten wollten es Experten unter den Bürgern erleichtern in ihren Themenbereich Entscheidungen nachvollziehen zu können. Wissen ist Macht in den Parlamenten und diese wird parteiübergreifend kaum geteilt. Die Gewinnerfraktionen haben eine größere personelle und finanzielle Ausstattung und die Recherche der Hintergründe nimmt einen Großteil der Zeit ein. Wer länger dabei ist und mehr Mittel hat ist hierbei klar im Vorteil. Die Auffindbarkeit von Informationen über Hintergründe und alte Anträge wird durch fehlende Aktenordner und Durchsuchbarkeit der Drucksachenarchive erschwert. Nur ein Bruchteil der möglichen Themen und Probleme wird überhaupt angesprochen. Auf dem Weg, die Bürger besser in sie betreffende Themen zu informieren, stellt man fest, dass parteiübergreifend teilweise die Presse besser informiert wird als die gewählten Volksvertreter. 


Fraktionen bilden sich aus den Parteimitgliedern, die gemeinsam auf einer Liste ins Parlament gewählt wurden. Es müssten in den Berliner Bezirken nicht einmal Parteien sein, die sich hier wählen lassen, sondern auch Initiativen gegen die Wasserprivatisierung oder die Bebauung des Spreeufers könnten sich zur Wahl stellen. Kandidaten einer Liste sind aufgrund ähnlicher Grundwerte oder Ziele ihrer Partei angetreten, dennoch wirkt es auf mich seltsam, dass sich Fraktionen nach außen stets geschlossen präsentieren sollen, obwohl ja jeder alleine nach seiner Meinung ohne Fraktionszwang abstimmen soll. Was erst bei genauerem Hinsehen auffällt, ist das fast jeder Fraktionär alleine getrennt von den Fraktionskollegen in seinen Ausschüssen sitzt. Jeder bearbeitet seinen Themenbereich und hat kaum Zeit sich mit anderen Ausschüssen auseinanderzusetzen. Selbst die eigenen Ausschüsse oder nur einen davon könnte jedes Mitglied in Vollzeit bearbeiten und dennoch nur einen Bruchteil der anstehenden Probleme bearbeiten. Leider zeigen nur sehr selten Bürger Interesse an der Zusammenarbeit und das obwohl eine Aufarbeitung der Informationen durch Experten stets eine Hilfe wäre. Für Arbeitsgruppen ist es daher wichtiger überparteilich mit den Kollegen aus dem Ausschuss oder überbezirklich mit anderen Piraten oder Experten aus dem selben Themenbereich zusammenzuarbeiten. Die Fraktion dient dazu andere Fraktionsmitglieder über seine Ausschüsse zu informieren. Als Fraktion teilt man sich Gelder und Räumlichkeiten und informiert die Mitglieder seiner Fraktion vor der großen Abstimmung im Parlament über die anstehenden Anträge aus den eigenen Ausschüssen. Wir haben schnell gemerkt, dass dieses häufig nur unzureichend passiert. Es ist einfacher dem Ausschussmitglied blind ohne Begründung zu vertrauen. Bezirks- und parteiübergreifend fällt immer wieder auf, dass schon aus Zeitmangel teilweise uninformiert einfach wie ein anderes Parteimitglied abgestimmt wird. 


Die Piraten haben die Hoffnung etwas zu verändern, die Parteien und ihre Arbeitsweise zu verbessern - und eigentlich wollten wir nicht so sehr "Politiker" werden, sondern uns selbst und unsere Bürgerrechte wieder mehr vertreten sehen. Leider gibt es eine ständige Gefahr, die uns begleitet. Wir passen uns an, wir gewöhnen uns an parlamentarische Abläufe und Geflogenheiten und hinterfragen nicht mehr. Wir verlieren den Blick des Bürgers, der sich von außen das politische System ansieht und sich wundert.Irgendwann hat man sich an die Abläufe gewöhnt, nimmt die Arbeitsweise als gegeben hin und bemerkt garnicht mehr, dass ein Gast zwischendurch in der Sitzung nach dem Inhalt fragt, wenn eine weitere Drucksache ohne Beschreibung, Begründung oder Diskussion von der Fraktion nur nach Ausschussempfehlung abgelehnt wird.